Wir, fünf Frauen vom Miret-Team Schweiz, reisten über Prag nach Rusava, wo wir in derselben Unterkunft wie die Romakinder wohnten. Sie waren bereits einige Wochen dort und empfingen uns sehr herzlich und wir freuten uns über ihre Freude über unsere Ankunft. Wir verbrachten den Tag mit der Vorbereitung für den Workshop am Folgetag, bei dem wir mit den Kindern Makramee-Bänder fertigten. Am Abend sassen wir am Lagerfeuer und lauschten dem wunderschönen Gesang der Kinder.
Am nächsten Tag besuchten wir eine Containersiedlung (Ghetto) in Vsetin, wo verschiedene Workshops mit den Kindern durchgeführt wurden. Wir waren sehr nervös, weil wir nicht wussten, was auf uns zukommen würde. Unser Workshop lief gut. Trotz Sprachbarrieren konnten wir mit den Kindern die Bänder knüpfen und hatten viel Spass. Die anfängliche Nervosität verflog ziemlich schnell. Es braucht nicht immer eine gemeinsame Sprache, um miteinander zu kommunizieren. Die Philharmonie Prag gab den Bewohnern der Siedlung ein klassisches Konzert, gefolgt von einem Konzert der Kinder. Vor elf Jahren gab es in der Stadt eine Zwangsräumung und seither leben die Romas für hohe Mieten in diesen Schiffscontainern. Bis vor kurzem durften die Kinder lediglich die Sonderschulen besuchen. Wir verliessen die Siedlung mit vielen Emotionen, Gedanken und Fragen.
Am dritten Tag begleiteten wir die Kinder in die Stadt Uherske Hradiste, wo sie zusammen mit tschechischen Kindern ein Konzert gaben, bei welchem sie sowohl Romalieder als auch tschechische Volkslieder sangen. Es war rührend zu sehen, wie die Musik die Romas und die Tschechen auf der Bühne zusammenführten und man spürte nichts von den Diskrepanzen mehr. Umso mehr schmerzte die Beobachtung des Verhaltens nach dem Konzert. Die Kinder verliessen die Bühne und die Zusammenführung war aufgehoben. Auch das Publikum war zweigeteilt. Es trafen zwei Kulturen aufeinander, die offiziell nichts miteinander anfangen können. Trotzdem haben es die Kinder, wenn auch nur für einen kurzen Moment, über die Musik geschafft, eine Verbindung herzustellen.
Am vierten Tag begleiteten wir die Kinder erneut an ein Konzert. Diesmal fand es in Valasske Mezirici in einem Amphitheater statt. Es war ihr letztes Konzert, bevor sie nach Prag reisten, um eine CD aufzunehmen. Das Konzert war gut besucht und wir waren voller Stolz mit dabei.
Zum Abschied machten wir für alle Kinder ein Makramee-Band und schrieben ihnen einen Brief, der von Ida übersetzt wurde. Die Kinder freuten sich sehr über das Geschenk und es folgte eine rührende Verabschiedung.
Wir verliessen die Unterkunft mit vielen bewegenden Eindrücken. Das Knüpfen der Bänder war sehr meditativ. Die Sprache verlor an Bedeutung. Wir waren geprägt von der Stärke der Kinder, ihrem Umgang untereinander, ihrer Fähigkeit, Emotionen zu zeigen – egal in welche Richtung – und ihrem Selbstverständnis für Berührungen und Umarmungen. Die traurigen Geschichten, die jedes der Kinder mit sich trug, berührten uns genauso wie ihr Gesang, ihre Fröhlichkeit und ihre Lebensfreude.
Eine solche Woche lässt sich kaum beschreiben, schwerlich in Worte fassen und nicht wirklich mit dem Verstand begreifen. Eine solche Woche muss man erleben, um zu verstehen, worum es geht.